So verbunden waren wir nie


Mit „International Collaborations - How to connect?“ widmen sich das Performing Arts Festival Berlin und das Berliner Theatertreffen den internationalen Beziehungen zwischen Künstler:innen und wie diese durch die Pandemie beeinflusst wurden.

von Philipp Conrad

Nachdem sich das Performing Arts Festival Berlin zusammen mit dem Berliner Theatertreffen gefragt hat, wo eine Krise beginnt und wo diese endet, geht die Gesprächsreihe „Worauf warten wir?“ in die zweite Runde. Dabei stehen nun die Verbindungen und Netzwerke im Fokus, die geknüpft wurden und werden sollten. Allen voran die, die sich über nationale Grenzen hinauswagen.

Welche Veränderungen brachte die Pandemie für die internationale Theaterarbeit? Auf welche Missstände macht sie aufmerksam? Mit diesen und weiteren Fragen berichteten Nada Abdelwahab, Kuratorin und Projektkoordinatorin des Goethe-Institut in Kairo, Stefan Schmidtke, Programmdirektor des internationalen Festivals Theater der Welt, und Margarita Tsomou, Kuratorin für das Berliner HAU Hebbel am Ufer, über ihre Perspektiven und Erkenntnisse in der derzeitigen Krise.

Was die Pandemie dem Theater geraubt hat, ist eindeutig: Es gibt keinen gemeinschaftlichen Wein in der Pause. Keine regen Diskussionen nach der Aufführung. Die leibliche Ko-Präsenz bleibt aus. Nichtsdestotrotz rekapituliert Stefan Schmidtke, dass die jetzige Situation uns zeigt, wie nah beieinander wir eigentlich sind. Wir alle erleben die gleiche Aufführung der Pandemie; zusammen, nur aus unserer individuellen Perspektive. Aber es ist an sich die gleiche Aufführung. Die Pandemie hat nationale Grenzen nie gekannt.

Aber die Krise verhinderte viel mehr: Zahlreiche internationale Gastspiele und Projekte mussten abgesagt werden und Künstler:innen können nicht reisen. Für Nada Abdelwahab wurde damit aber auf einen wichtigen Missstand in der internationalen Arbeit hingewiesen. Künstler:innen werden eingeladen, reisen ein, proben, treten auf und reisen wieder ab; alles innerhalb von nur wenigen Tagen. Begegnungen und Austausch sind eher flüchtig; die Netzwerke sind nur temporal. Wie können da intensive Kontakte entstehen? Solche kurzen und schnellen Reisen sind mittlerweile unmöglich und auch im Kontext des Klimawandels problematisch. Welche Flüge sind notwendig? Wie kann künstlerischer Austausch stattfinden, wenn man nur möglichst wenig reisen sollte? Wer darf denn überhaupt reisen? Neue Probleme und Grenzen entstehen, die von uns überwunden werden müssen.

In einem Punkt stimmen alle drei Diskussionsteilnehmer:innen überein: Ein wichtiger Schritt, um die Grenzen zu überwinden, ist das Aufbauen von langfristigen und nachhaltigen Netzwerken mit Künstler:innen aus aller Welt. Ein guter Anfang dafür wäre die derzeitige Situation. Wir alle sind in derselben Situation und sind uns durch die unzähligen Zoom-Meetings noch näher als je zuvor. Aber es sind nicht nur diese kleinen Einblicke in die privaten Räume der anderen Künstler:innen, sondern auch neue Arten und Weisen der Kollaboration, die die Pandemie fordert und fördert.

Neben den neuen Formen des Verbindens errichtete die Pandemie aber auch neue Grenzen und Konflikte. Abdelwahab weist darauf hin, dass Aspekte wie Mobilität und Internet-Zugang unterschiedliche Privilegien sind, die nicht jede:r Künstler:in hat. Wie kann man hierbei helfen? Wie kann man sie in die internationalen Netzwerke integrieren? Die Probleme sind selbstverständlich immer noch da. Die Pandemie hat sie nur sichtbarer gemacht.
 

Das ganze Gespräch zum Nachschauen und Hören gibt es hier.
 

Weitere Gespräche der Programmreihe „Worauf warten wir?":

27.05. 12:00 beim PAF: „Gespräch zu Macht- und Diversitätsfragen in den darstellenden Künsten"
28.05. 12:00 beim PAF: „Corona Update #3000 – wie gehts es weiter?"