Frauen + Technik = Ernie + Bert


„Die große M.I.N.T.-Show“ vom Künstlerinnenkollektiv hannsjana behandelt auf zugängliche und feministische Weise die Fächer Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik im Game-Show-Format.

von Sara Rosenkranz

„M-I-N-T – Mint!“ rufen die Darstellerinnen aus ihren orange- und mint-farbenen Zoom-Kacheln. Auf ihren Köpfen thronen jeweils groß und stolz die Buchstaben M, I, N oder T. Dabei bewegen sie sich hastig und abgehackt zwischen den Zoom-Fenstern hin und her und tanzen zu schneller Musik, wie im Intro einer Kinder-Wissensserie.

 

Aber die 75-minütige Zoom-Performance „Die große M.I.N.T.-Show“ ist alles andere als kindlich. Sie ist bunt, schnell und leicht zugänglich, aber ernst zu nehmen. Insbesondere, weil das Kollektiv hannsjana, bestehend aus Laura Besch, Alice Escher, Jule Gorke, Lotte Schüßler, Katharina Siemann und Marie Weich (hier war noch Bärbel Schwarz am Konzept beteiligt) mit Vorurteilen aufräumt. Die „harten“ Fächer der Naturwissenschaften sind für Jungs, die „weichen“ aus den Geisteswissenschaften für Mädchen? Blödsinn!

 

In interaktiven Spielen mit dem zugeschalteten Publikum versteckt hannsjana Erklärungen zu Wahrscheinlichkeitstheorien wie dem Monty-Hall-Problem oder berichtet von persönlichen Erfahrungen mit den M.I.N.T.-Fächern. Dabei fällt eine Parallele auf: Alle mochten sie als Kinder Mathe und Co. Erst mit den Jahren und dem Einfluss der Gesellschaft haben sie sich teilweise wieder davon entfernt. Dabei hat Jule das abwertend oder genervt geraunte „Frauen und Technik“ immer verstanden wie „Hanni und Nanni“ oder „Ernie und Bert“ – als gutes Team. Und genau so kann es sein.

 

Mit der erfundenen G.E.L.B.-Initiative dreht hannsjana den Spieß um. Die Buchstaben stehen für Fächer der Geisteswissenschaften wie Germanistik und Erziehungswissenschaft. Also sprechen sie jungen Männern Mut zu, dass auch sie gut in geisteswissenschaftlichen Fächern sein können. Schließlich seien die Jungs als Kinder auch an sozialen Fächern interessiert gewesen, bis das Bildungssystem dazwischenkam. Zu dritt stehen sie in einem Zoom-Fenster, alle in Gelb gekleidet und halten ein Plakat hoch. „G.E.L.B – wir greifen Männern unter die Arme!“ lautet der Slogan der erfundenen Initiative. Sie unterstreichen ihre Botschaft mit einem Werbetrailer, in dem die drei Frauen einen verwirrt dreinschauenden jungen Mann an die Hand nehmen und fröhlich mit ihm durchs Bild hüpfen.

 

Im Laufe der Performance arbeitet hannsjana weitere Bereiche der Naturwissenschaften ab: Bio, Physik, Chemie – alle sind dabei. So singt eine Leber ein Lied darüber, wie wenig Anerkennung sie bekommt: „Und zwischendurch hab ich mal eben dafür gesorgt, dass du nicht verblutest… So ist das Leben einer Leber eben.“ Die zarten Harmonien sorgen dafür, dass meine eigene Leber mir jetzt ein bisschen leidtut. Meine „dramatische“ Magensäure hingegen macht mir Angst. Das Publikum wird dazu aufgefordert, sich einen Snack zu holen, am besten eine Scheibe Toast, und gemeinsam vor der Kamera zu kauen und zu schlucken. In der Zeit, die das Geschluckte braucht, um den Magen zu erreichen, wird auf dem Bildschirm eine Scheibe Toast mit Ei in Salzsäure eingelegt. Das Sandwich ist nach wenigen Sekunden nicht mehr zu erkennen.

 

Neben all den komödiantischen Einlagen löst sich die Kernaussage aber nicht auf. Welche Fächer einem Spaß machen, hat absolut nichts mit Geschlecht, sondern mit Interesse zu tun: Frauen können M.I.N.T.! Außerdem machen sich die M.I.N.T.-Fächer nicht nur im Labor gut, sondern definitiv auch auf der Bühne.